Schon immer haben wir uns für die Raumfahrt interessiert. Zur Landung auf dem Mond, die in Deutschland nachts live übertragen wurde, kauften meine Eltern damals extra einen Fernseher. Wir Kinder durften aufbleiben und das Spektakel verfolgen. Danach habe ich weiterhin die meisten Starts und Landungen der verschiedenen Raumfahrzeuge verfolgt. Mit Peter zusammen waren wir bereits dreimal im Kennedy Space Center in Florida, deshalb ist es nicht verwunderlich, dass wir unbedingt nach Houston zur NASA wollten.
Nachdem ich von der Level 9 Tour im Besucherprogramm des Space Center gelesen hatte, die einen Blick hinter die Kulissen der NASA ermöglicht, war es klar, dass wir dies unbedingt erleben wollten. Die Tour habe ich 3 Monate im voraus gebucht, denn es darf täglich nur eine kleine Gruppe von 12 Personen an Werktagen auf das Gelände.
Pünktlich, um viertel vor zwölf Uhr, startet der klimatisierte Bus mit einer internationalen Gruppe von 4 Frauen und 8 Männern aus 5 verschiedenen Ländern. Der Ausflug in die Welt der Raumfahrt wird etwas mehr als 5 Stunden dauern.
Ich will es gleich vorweg nehmen, diese Tour ist unglaublich eindrucksvoll und enthält so viele Informationen, dass ich versuchen muss, meine Bilder- und Informationsflut im Rahmen zu halten.
Tatsächlich betreten wir die heiligen Hallen des Mission Contol Center. Hier befinden sich die verschiedenen Kontrollräume, inklusive der historischen Mission Control, von der aus die Apolloflüge betreut wurden.
In den USA wird einiges viel entspannter gehandhabt als in Deutschland. Wir sind im deutschen Kontrollzentrum Oberpfaffenhofen mal frischen Mutes erschienen, als der deutsche Astronaut Ulf Merbold im Weltall war und wollten gerne Bilder sehen. *lach* Da wurden wir abgewiesen, weil so etwas in Deutschland nicht geplant und schon gar nicht gestattet ist.
Dies ist der aktuelle Kontrollraum für die internationale Raumstation ISS. Wir dürfen lange zusehen und bekommen die einzelnen Stationen erklärt.
Ungefähr 50 Leute bilden ein Team, drei Teams arbeiten in 3 Schichten zu je 8-12 Stunden. Jedes Team hat einen Flight Director sowie einen Capcom. Alle 90 Minuten gibt es für jeden Mitarbeiter eine 5 bis 10-minütige Pause. Die Teams betreuen den gesamten Einsatz der Mission.
Vorne im Bild links unten sitzt der Flight Director. Er ist der absolute Boss in der Mission Control und ultimativ für die ISS verantwortlich. Sein Wort ist Gesetz und kann nicht einmal vom Präsidenten der Vereinigten Staaten korrigiert werden. Der Herr in schwarz gekleidet, ist ebenfalls Flight Director. Er ist gerade zur Übergabe gekommen, die ungefähr eine Stunde dauert. Danach ist er verantwortlich.
Rechts neben dem „Flight“ sitzt immer der Verbindungssprecher Capcom. Diese Person ist die einzige, die mit der ISS in direktem sprachlichem Kontakt steht. Meistens ist diese Position mit einem Astronauten besetzt, weil diese Berufsgruppe mittlerweile ihre eigene Sprache entwickelt hat. In den Anfängen der bemannten Raumfahrt war „Capcom“ das Rufsignal, es wurde später durch das heute bekannte Rufsignal „Houston“ ersetzt.
Der Herr mit dem grünen Hemd links am oberen Pult, ist derjenige, der in Absprache mit seinem russischen Kollegen die ISS fliegt und ebenfalls das Andocken der Sojusraketen betreut. Die genaue Bezeichnung ist Attitude Determination and Control Officer (ADCO). ADCO ist ein Weg zur Karriere des Flight.
Ganz vorn im Bild steht ein Schild mit Aufschrift „EVA“. Diese Abkürzung steht für Extra-vehicular Activity, womit die Außeneinsätze im All gemeint sind.
Dazu diente bei einigen Missionen dieser Rückentornister, der es dem Astronauten erlaubt, sich ohne Verbindungsleine frei im All zu bewegen.
Bruce McCandless II trug als erster erfolgreich einen sogenannten MMU = Manned Maneuvering Unit bei einem Außeneinsatz. Heutzutage ist der Rucksack für die Astonauten der ISS nicht zu gebrauchen, weil er zu sperrig ist.
Die Trainigseinheit für den Außeneinsatz der heutigen Astronauten befindet sich in einem riesengroßen Pool, genannt Neutral Buoyancy Laberatory.
Die Module der ISS liegen im Pool in original großen Nachbauten. Unter Wasser kann die Arbeit in Schwerelosigkeit am besten simuliert und trainiert werden.
Der Pool faßt 23.5 Millionen Liter Wasser und hat eine eigene spezielle Filter- und Wiederaufbereitungsanlage. Dadurch wird ein Wasserwechsel vemieden und die Module vor Korrision geschützt.
Würde man den Pool neu füllen müssen, würde dies einen ganzen Monat dauern. Es ginge auch schneller, innerhalb einer Woche, allerdings hätte dann ganz Houston in dieser Zeit kein Wasser zur Verfügung.
Diese Astronauten leben seit Mai 2014 in der Raumstation. Unter ihnen befindet sich auch der deutsche Astronaut Alexander Gerstl. Der Einsatz wird im September beendet sein. Hier kann man die aktuelle Position der ISS verfolgen. Hier kann man die Pressekonferenz aus dem All von Alexander anschauen.
Zu unserem großen Glück sitzt beim Mittagessen in der NASA-Kantine ein waschechter Astronaut am Nachbartisch. Während der weiteren Fahrt erzählt uns unser Guide eine Geschichte über Luca Parmitano. Später treffen wir Luca im historischen Mission Control Center wieder.
Luca ist sehr freundlich. Er beantwortet geduldig alle Fragen der Gruppe und erzählt von seinem Unfall im All, der sich auf den Tag genau vor einem Jahr ereignete. Bei einem Außeneinsatz füllt sich sein Helm plötzlich mit Wasser aus der Atemluft, welches normalerweise in den Anzug geleitet wird. Luca kann die Einstiegsluke sicher erreichen, obwohl er zu diesem Zeitpunkt weder hören noch sehen kann. Gerade noch rechtzeitig wird ihm der Helm abgenommen. Es ist ein besonderes Erlebnis, diesen Vorfall sehr detailliert aus dem Mund des betroffenen Austronauten geschildert zu bekommen. Zum Schluss dürfen die Teilnehmer Fotos machen. Echt Klasse und ganz bestimmt das absolute Highlight der Tour.